Fürstinnen und Konfession (24–26 March 2011)
Beiträge protestantischer Herrscherinnen zu Religionspolitik und Bekenntnisbildung
Interdisziplinäres und internationales Kolloquium des Instituts für Europäische Geschichte (Mainz) und der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, 24. bis 26. März 2011, Schloß Friedenstein in Gotha. Protestantische Fürstinnen und Regentinnen haben beträchtlichen Einfluss auf die Religionspolitik ihrer Territorien ausgeübt. Bekannte Beispiele diese eigenständigen Handelns sind die lutherische Reformationsfürstin Elisabeth von Brandenburg (1510–1558), aber auch die reformierte Fürstin Dorothea Maria von Sachsen-Weimar, geb. von Anhalt (1574–1617). Ihr Todestag wurde als Gründungstag der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ ausgegeben, welche wiederum als lutherisch-reformierte Sammlungsbewegung mitteldeutscher Reichsfürsten gilt. Viele Fürstinnen spielten in der Religionspolitik eine aktive Rolle, die nicht nur von politischem Kalkül, sondern von religiösem Engagement getragen war. In den innerprotestantischen Kontroversen, die nach Luthers Tod (1546) im Gefolge des Interims (1548) aufbrachen, traten Herrschaftsträgerinnen als Schutzherrinnen „ihrer“ Theologen auf, und nahmen Partei im Streit um theologische Positionierungen. Fürstinnen verfassten sogar eigene Bekenntnisse, so etwa Dorothea Susanna von Sachsen-Weimar (1544–1592). Auch im Kontext protestantischer Einigungsbestrebungen im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts spielten Herrscherinnen eine wichtige Rolle. Eine der prominentesten unter ihnen dürfte Elisabeth I. von England (1533–1603) gewesen sein, auf die Protestanten in ganz Europa große Hoffnungen setzen. Als Politikerinnen mit europaweiten oder „nur“ auf das eigene Wittum bezogenen Interessen, aber auch als Gestalterinnen höfischer Realitäten, etwa durch Prinzenerziehung oder Heiratspolitik, trugen Frauen in Herrschaftspositionen zur Religionspolitik der protestantischen Territorien im 16. Jahrhundert bei. Die interdisziplinäre Tagung beleuchtet in Einzelstudien und durch übergreifende Perspektiven den bislang wenig erforschten den Anteil von Herrschaftsträgerinnen an den Kontroversen um Bekenntnisinhalte, bei der Formulierung von Bekenntnistexten und an der Entstehung der Corpora Doctrinae im „langen“ Reformationsjahrhundert. Unter den Reformationshandschriften der Forschungsbibliothek Gotha befinden sich bislang unbekannte oder wenig rezipierte Quellen zur Religionspolitik zahlreicher evangelischer Herrschaftsträgerinnen im 16. Jahrhundert. Einige dieser Quellen werden in Beiträgen zum Symposion vorgestellt und können im Rahmen einer Bibliotheksführung besichtigt werden. Das Kolloquium wird durchgeführt mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung. Tagungsleitung Dr. Vera von der Osten-Sacken (IEG Mainz) Dr. Daniel Gehrt (Forschungsbibliothek Gotha) Anmeldung und Kontakt: Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Um Anmeldung bis zum 11. März 2011 wird gebeten an: Dr. Daniel Gehrt Forschungsbibliothek Gotha Schloss Friedenstein, 99867 Gotha Tel.: (+49) (0)361-7375554 Fax: (+49) (0)361-7375539 Mail: Daniel.Gehrt@uni-erfurt.de Tagungsprogramm Donnerstag, 24.03.2011 14:00-14:30 Irene Dingel (Mainz), Kathrin Paasch (Gotha): Begrüßung Vera v. der Osten-Sacken (Mainz), Daniel Gehrt (Gotha): Einleitung Sektion I: Kommunikation, Familie und Hofkultur Moderation: Vera von der Osten-Sacken (Mainz) 14:30-15:00 Anne-Simone Knöfel (Gotha): Fürstinnen als Ehestifterinnen im konfessionellen Zeitalter. 15:00-15:30 Daniel Gehrt (Gotha): Herzogin Dorothea Susanna von Sachsen-Weimar (1544-1592) und die Bewahrung dynastischer Identität. Mütterlicher Einfluss auf die religiöse Erziehung Prinz Friedrich Wilhelms im Spiegel seiner Bibliothek Moderation: Daniel Gehrt (Gotha) 16:00-16:30 Dörthe Buchhester (Greifswald): "das fürstliche Frauenzimmer und junge herrschafft belanget": Maria von Sachsen (1515-1583) als Erzieherin am pommerschen Hof 16:30-17:00 Courtnay Konshuh (Bonn): Herzogin Katharina von Sachsen (1487-1561) im Spannungsfeld zwischen Familien- und Religionspolitik Moderation: Stephan Michel (Jena) 17:30-18:00 Rosemarie Lühr / Daniela Prutscher (beide Jena): Genderbedingte Kommunikationsnetze frühneuzeitlicher Fürstinnen im mitteldeutschen Raum 18:00-18:30 Matthias Müller (Mainz): Die mythische Heldin als Fürstin – die Fürstin als mythische Heldin. Spuren eines Rollenbildes protestantischer Fürstinnen in der Malerei Lucas Cranachs Öffentlicher Abendvortrag 19:15 Heide Wunder (Kassel): Fürstinnen und Konfession im 16. Jahrhundert Freitag, 25.03.2011 Sektion II: Pflege der Erinnerung Moderation: Bettina Braun (Mainz) 9:30-10:00 Ernst Koch (Jena): Herzogin Dorothea Susanna von Sachsen-Weimar (1544-1592) und die Pflege der Memoria ihres Gemahls 10:00-10:30 Tarald Rasmussen (Oslo): Lutherische Fürstinnen des 16. und frühen 17. Jahrhunderts in der Memoria-Kultur: Grabdenkmäler und Leichenpredigten Sektion III: Dichterinnen und Mäzeninnen Moderation: Luka Ilic (Philadelphia, PA / Mainz) 11:00-11:30 Ute Gause (Bochum): Passionsfrömmigkeit als Bekenntnis – die junge Henriette Catherine Freyin von Friesen (1648-1726) 11:30-12:00 Inge Mager (Hamburg): Das Vermächtnis der Laientheologin Elisabeth von Calenberg-Göttingen für ihre Untertanen und für ihre Kinder 12:00-12:30 Andreas Waczkat (Göttingen): Sophie Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg: Ihre geistlichen Dichtungen und Lieder in ihrer Beziehung zu Heinrich Schütz Führung durch die Forschungsbibliothek 14:00-15:30 Kathrin Paasch (Gotha): Führung mit Einblicken in die Forschungsbibliothek und ihre Bestände Sektion IV: Politische Handlungsmöglichkeiten Moderation: N.N. 15:30-16:00 Vera Faßhauer (Jena): Die Herzoginwitwe Dorothea Maria von Sachsen-Weimar (1574–1617) als Verfechterin dynastischer Interessen 16:00-16:30 Bettina Braun (Mainz): Die Pfälzer Kurfürstinnen – Gestalterinnen oder Randfiguren einer wechselvollen Religionspolitik? Sektion V: „Landesmütter“ und Religionspolitikerinnen Moderation: Stephan Michel (Jena) 17:00-17:30 Siegfried Bräuer (Berlin): "... gleich sowohl Fleisch und Blut wie ein anderer Mensch". Herzogin Sibylle von Sachsen in den Briefen an ihren gefangenen Mann (1547-1552) 17:30-18:00 Katrin Keller (Wien): Zur Rolle der Kurfürstin Anna von Sachsen (1532-1585) in der sächsischen Konfessionspolitik 18:00-18:30 David Scott Gehring (Madison, WI): Foedus et Fractio: Queen Elizabeth, The Formula of Concord, and the Protestant Cause Samstag, 26.03.2011 Sektion VI: Witwen und religionspolitischer Konflikt Moderation: Joachim Berger (Mainz) 9:30-10:00 Vera von der Osten-Sacken (Mainz): Herzogin Dorothea Susanna von Sachsen-Weimar (1544-1592) und die ernestinischen "Exules" 10:00-10:30 Hendrikje Carius (Erfurt): Religionspolitik und Recht. Zur Herrschaftspraxis der Herzoginwitwe Dorothea Susanna von Sachsen-Weimar (1544-1592) Moderation: 11:00-11:30 Lothar Berndorff (Berlin): "Und sind für uns selbst aus Gottes Wort unterrichtet, was wir wissen, was wir glauben und wie wir unsere Kinder unterrichten sollen". Margarethe von Mansfeld und der Streit um das Ius Patronatus (1573-1575) 11:30-12:00 Siegrid Westphal (Osnabrück): Die Witwe Pfalzgräfin Anna von Pfalz-Neuburg (1552-1632) und die Auseinandersetzung mit ihrem Sohn über die Rekatholisierung der Pfalzgrafschaft 12.00-12.30 Irene Dingel (Mainz): Resümee Abschlussdiskussion und Ende der Tagung